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Darmkrebs
Neuer Biomarker zur molekularen Früherkennung von Dickdarmkrebs

Forscherteam der Universität Gießen gelingt Nachweis von Vorstufen dieser Krebserkrankung.

Red.: Was sind Tumormarker? Wozu dienen sie?

Krebszellen können "Tumormarker" produzieren und ins Blut abgeben. Einige der Marker gibt es zwar auch bei Menschen ohne Krebs. Sie kommen bei Gesunden aber nicht in so großer Menge wie bei Krebs vor. Solche Unterschiede lassen sich deshalb zur Untersuchung nutzen. Ärzte können Tumormarker zum Beispiel in einer Blutprobe messen, bei manchen Markern genügt sogar eine Urinprobe. Allerdings gibt es längst nicht für alle Krebsarten solche Marker: Viele Tumorzellen unterscheiden sich nicht genug von gesunden Zellen und produzieren keine für die Krebskrankheit typischen Stoffe.

Ein Gießener Ärzteteam hat einen neuen Bio-Marker zur molekularen Früherkennung dieser schwerwiegenden Erkrankung entwickelt. Mit einem innovativen Scoring-System ist es gelungen, den Gefährdungsgrad zuverlässig vorauszusagen, so dass eine gezielte ärztliche Überwachung betroffener Patientinnen und Patienten ermöglicht wird. Die Ergebnisse wurden kürzlich im renommierten Journal Oncotarget publiziert.

Mehr Sicherheit für die Patientinnen und Patienten soll ein neuer frühzeitiger Nachweis von Vorstufen des Dickdarmkrebses bringen. Das sogenannte kolorektale Karzinom (CRC) ist die dritthäufigste Krebsdiagnose weltweit. Ein wichtiger Punkt, um die Überlebensrate zu verbessern, ist die richtige Diagnose sowie die korrekte Einschätzung des Gefährdungsgrades.

Gemeinsam mit dem Institut für Pathologie (unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Gattenlöhner) hat ein Team des Schwerpunkts Gastroenterologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) unter der Leitung von Prof. Dr. Elke Roeb den Zusammenhang von Dysplasie (Zellveränderungen an der Schleimhaut) und einem Matrixprotein (Metallo-proteinase-13, MMP-13) in mehr als 100 Darmproben von Patientinnen und Patienten mit ungefährlichen, wenig gefährlichen sowie bösartigen Dickdarm-Polypen untersucht. Ein reproduzierbares Färbeverfahren für die gewebe-basierte MMP-13-Analyse wurde in routinemäßig gewonnenen Darmbiopsien etabliert. Die entsprechende Studie wurde von der Manfred-Stolte-Stiftung großzügig unterstützt.

Prof. Roeb erläutert die Vorgehensweise und die Vorteile für die Betroffenen: Die Diagnostik erfolge aus der Routinehistologie des Patienten nach einer Darmspiegelung (Koloskopie), so die Medizinerin. Ärzte könnten die kosten- und zeitaufwendige Nachsorge wenig gefährdeter Menschen reduzieren und Patientinnen bzw. Patienten mit einem hohen Risiko engmaschiger auf das Dickdarmkarzinom hin untersuchen. Sie betont: „Eine genaue Klassifizierung von Krebsvorstufen im Dickdarm kann die Therapie und Prognose der Betroffenen deutlich verbessern.“

Basierend auf zahlreichen Studien sei die Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) von Adenomen (gutartigen Geschwülsten, im Magen-Darm-Trakt am häufigsten in Form von sogenannten Polypen), von Darmkrebs, von nicht fortgeschrittenen Adenomen und fortgeschrittenen Adenomen 30,2%, 0,3%, 17,7% und 5,7%. In einer deutschen bevölkerungsbezogenen Studie (Rhein-Nekar-Region 2003 bis 2010) war das Risiko von CRC nach einer Darmspiegelung in jedem Fall deutlich geringer.

Die meisten kolorektalen Karzinome sind durch eine verstärkte Bildung von Matrixmetalloproteinasen, sogenannten MMPs, gekennzeichnet. MMP-13 wird in erster Linie auf der Tumorzelloberfläche und bei entzündlichen Darmerkrankungen gebildet. Studien zeigen, dass die Expression von MMP-13 eng an die zugehörige Entwicklung von Darmkrebs gekoppelt ist. Hohe MMP-13-Spiegel zeigen eine Tendenz zu schlechteren Überlebenschancen, vermehrtem Auftreten von Metastasen und damit zu einer insgesamt schlechteren Prognose an.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Roeb hat die Verbindung zwischen dem Dysplasiegrad in Dickdarmpolypen und dem Matrixprotein bestimmt um festzustellen, ob MMP-13 in kolorektalen Adenomen und Karzinomen nützlich für eine präzise Diagnose und Risikobewertung ist. Die Charakterisierung des Biomarkers MMP-13 sollte die Früherkennung von hochgradigen Adenomen und Karzinomen erleichtern.

Weitere Informationen und Kontakt:
Prof. Dr. Elke Roeb
Schwerpunkt Gastroenterologie
Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen (UKGM)
Fachbereich 11 – Medizin der JLU
Klinikstraße 33 35392 Gießen
E-Mail: elke.roeb@innere.med.uni-giessen.de

(Quellen: Universitätsklinik Giessen; Publikation: Matrix metalloproteinase-13 refines pathological staging of precancerous colorectal lesions. Wernicke AK, Churin Y, Sheridan D, Windhorst A, Tschuschner A, Gattenlöhner S, Roderfeld M, Roeb E. Oncotarget. 2016 Oct 4. doi: 10.18632/oncotarget.12429.; Bild: © Henrie - Fotolia.com #85036469)