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Presseworkshop des DKFZ zum Weltkrebstag
Epigenetik und Krebs: Vom Ein- und Ausschalten der (Krebs)Gene

Vorab:
Der Begriff Epigenetik
kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt „zusätzlich zur Genetik“. Die Epigenetik ist ein Teilgebiet der Biologie und beschäftigt sich vorrangig mit vererbbaren Veränderungen in der Genomfunktion, die nicht auf einer Änderung der DNA-Sequenz beruhen.

Sie liefert eine Erklärung, wie Umweltfaktoren den Aktivitätszustand von Genen verändern und wie diese Veränderungen von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden können.

Die Epigenetik erklärt den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Zelleigenschaften und den Aktivitätszustand von Genen. Eine ausgedehnte Forschung auf diesem Gebiet wird einen Beitrag zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung leisten - auch für künftige Generationen. (Quelle: Umweltbundesamt, Bildquelle: nobeastsofierce / Fotolia.com)

Die Epigenetik entwickelt sich derzeit rasant. Winzige Veränderungen am Erbgut bewirken, dass Gene mehr oder weniger stark aktiv sind. Das hilft dem Organismus, sich an verschiedene Umweltbedingungen anzupassen, etwa die Ernährung oder die Temperatur; spielt aber auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebs. Bei der molekularen Tumordiagnostik fällt auf, dass nicht nur genetische, sondern auch epigenetische Faktoren Tumoren verursachen können. Sie beeinflussen, wie die Krankheit verläuft, stellen aber andererseits auch neue Angriffspunkte für moderne Krebsmedikamente dar.

Kurz und knapp: Statements der Referenten beim DKFZ-Presseworkshop zum Weltkrebstag 2017

 

Prof. Dr. Christoph Plass: Epigenetische Grundlagen von Leukämie

„Die Epigenetik von Krebserkrankungen hat ein vielversprechendes Potential in der Onkologie, das sich rasant entwickelt: Die Epigenetik entschlüsselt die Mechanismen, die die Aktivität von Krebsgenen deregulieren. Epigenetik enthüllt außerdem neue Tumormarker, die die Ursprungszellen eines Tumors identifizieren und als Angriffsziel für neuartige Therapien dienen können. Die Analyse des Tumor-Epigenoms ermöglicht außerdem eine Risikoabschätzung der Erkrankung.

 


Prof. Dr. Irina Lehmann: Rauchen in der Schwangerschaft verursacht epigenetische Veränderungen bei Mutter und Kind

„Wenn Mütter während der Schwangerschaft rauchen, beeinflussen sie damit nachhaltig die epigenetische Programmierung des Erbguts ihres noch ungeborenen Kindes. Diese Veränderungen sind nicht auf einzelne DNA-Regionen begrenzt, sie lassen sich im gesamten Genom der Kinder nachweisen und können zu einem erhöhten Krankheitsrisiko für das Kind beitragen, wie wir am Beispiel von Lungenerkrankungen zeigen konnten.“

 

Prof. Dr. Jens Siveke: Epigenetische Therapie von Bauchspeicheldrüsenkrebs

„Mit verschiedenen Modellsystemen untersuchen wir, wie Krebs entsteht, sich ausbildet und widerstandsfähig wird. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Entwicklung und Testung neuer Therapie-strategien, um aktuelle Forschungsergebnisse klinisch für Patienten anwendbar zu machen. Wir konzentrieren uns dabei nicht nur auf das Erbgut einer Krebszelle, sondern beleuchten funktionell die Zielstrukturen und Mechanismen, die sich aus dem Stoffwechsel und der Interaktion mit dem Immunsystem ergeben können.

So genannte duktale Adenokarzinome des Pankreas (Bauchspeicheldrüsenkrebs) gehören zu den bösartigsten Krebsarten überhaupt. Die enorme Resistenz gegen übliche Chemo- und Strahlentherapien ist möglicherweise wesentlich durch die Wandlungsfähigkeit (Plastizität) von Tumorzellen und durch epigenetische Regulationsmechanismen bedingt. Durch Medikamente, die in die Regulation des Chromatins eingreifen, können Resistenz- und möglicherweise plastizitätsvermittelnde Gene reprogrammmiert und so Tumorzellen empfindlich für den programmierten Zelltod gemacht oder die Entwicklung einer Therapieresistenz verhindert werden.“

 

Prof. Dr. Stefan Pfister: Epigenetische Klassifikation verändert Therapieplan bei Hirntumoren

"Hirntumoren sind eine extrem heterogene Gruppe von ungefähr 100 verschiedenen Krebsarten. Vielfach ist es für den Neuropathologen nicht einfach, die richtige Diagnose eindeutig zu stellen. Wir haben herausgefunden, dass epigenetische Fingerabdrücke der Tumoren ein sehr gutes Hilfsmittel für den Neuropathologen sind, diese Einteilung vorzunehmen. Nachdem wir inzwischen 20.000 Hirntumoren auf ihren "epigenetischen Fingerabdruck" untersucht haben, davon 1.500 diagnostische Fälle von aktuellen Patienten, wissen wir, dass sich die Diagnose in mehr als 10% der Fälle durch die epigenetische Zusatzuntersuchung ändert - natürlich ein Ergebnis mit extrem hoher Bedeutung für unsere Patienten"

(Quellen: Presseworkshop anlässlich des Weltkrebstags 2017; Bilder: DKFZ)